Am 29.11.23 erhielten wir einen Anruf von der Stadt, in dem uns mitgeteilt wurde, dass die Tauschwagen innerhalb des Rings innerhalb von 3-4 Tagen zu entfernen sind, ferner würden diese und auch alle weiteren Tauschwagen in Osnabrück geräumt werden.
Geschockt von diesem plötzlichen Sinneswandel der Stadt, riefen Menschen vom Solidarischen Aufbau die Bevölkerung zur Solidarität auf und machten sich auf die Suche, nach privaten Stellpßlätzen für Tauschwagen in der Innenstadt.
Nachdem tagelang keinerlei Informationen von der Stadt zu bekommen waren, schafften es Menschen aus unserem Kollektiv, auf beharrliche Nachfrage unsererseits eine längere Frist – bis zum 08.12.23 – für das Umorganisieren der Tauschwagen bei der Stadt zu erreichen.
Zur Klärung der Angelegenheit und um ferner einen richtigen Grund für die Räumungsandrohung und die Frage, warum die Tauschwagen nun nach teilweise 1,5 Jahren(!) plötzlich nicht mehr erduldet sind, zu bekommen, verfasste das Kollektiv folgende E-Mail an die Oberbürgermeisterin:
Sehr geehrte Frau Pötter,
am 29.11. erhielten wir, der solidarische Aufbau, einen Anruf von der Stadt, dass unsere Tauschschränke innerhalb des Rings in den folgenden 3 Tagen entfernt werden sollten. Nach mehreren Anrufen und Nachfragen, erfuhren wir, dass diese Aufforderung direkt von Ihnen oder aus Ihrem Büro kam.
Wir sind sehr verwundert über diese plötzliche Aufforderung, schließlich machte die Stadt Osnabrück in der Vergangenheit bereits Werbung mit unseren Wagen, sie waren bisher geduldet und werden von der Bevölkerung gut angenommen.
Zudem ist es für uns als ehrenamtliches Kollektiv kaum machbar, diese Wagen innerhalb von 3 Tagen zu entfernen oder einen geeigneten Ersatzstandort zu finden.
Wir empfinden es als Hohn, für unsere Arbeit, die wir unter anderem für einkommensschwache Menschen, sowie obdachlose Menschen machen, bei minus Temperaturen und Schneefall noch Repressionen von der Stadt zu erfahren. Unserer Auffassung nach wäre es eigentlich Aufgabe der Stadt, Ressourcen für den mittellosen Teil der Bürger und Schlaforte für Obdachlose bereit zu stellen, nicht die freiwilliger Kollektive.
Wir fragen uns, woher der plötzliche Sinneswandel über unsere Tauschwagen kommt und warum wir als Kollektiv immer wieder Einschränkungen durch die Stadt erfahren und daran gehindert werden, unserer solidarischen Arbeit nachzugehen.
Wir bitten Sie, uns sobald wie möglich Auskunft darüber zu geben, warum unsere Tauschwagen im Ring plötzlich weichen sollen und bitten um mehr Zeit, geeignete Standorte für diese zu finden, oder ihre Aufforderung zu überdenken.
Gerne stehen wir Ihnen auch für ein klärendes, persönliches Gespräch zur Verfügung.Mit freundlichen Grüßen,
der solidarische Aufbau
Als Antwort darauf erhielten wir (und in copy&paste Manier alle anderen Menschen, die sich aus Solidarität ebenfalls per E-Mail beschwert haben) folgende Zeilen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Da Ihnen dieses Thema sehr wichtig ist, möchte ich gerne die Hintergründe zur getroffenen Entscheidung (durch die Stadt Osnabrück) erläutern.
Für das Aufstellen der Tauschboxen gelten im öffentlichen Raum Vorgaben – gerade im zurzeit stark frequentierten Innenstadtbereich. Um Aspekte wie Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit und Brandschutz gewährleisten zu können, müssen die Standorte der Boxen mit der Verwaltung abgestimmt sein.
Verschenken statt wegwerfen und tauschen statt neu kaufen – das sind zeitgemäße und positive Ansätze, sowohl im Hinblick auf die Nachhaltigkeit als auch in sozialer Hinsicht. Daran, dass mit dem Projekt „Tauschboxen“ grundsätzlich positive Ziele verfolgt werden, gibt es von mir keinen Widerspruch.
Mitarbeiter des Fachbereichs Bürger und Ordnung haben das Kollektiv „Solidarischer Aufbau“ bereits kontaktiert, um Lösungen zu besprechen, z. B. die Wagen auf privaten Grund zu verlagern. Auch besteht die Stadt nicht auf die sofortige Entfernung, sondern hat dem Kollektiv eine erbetene Organisationszeit gewährt. Darüber hinaus sind auch weiterhin Gespräche über die Sondernutzung öffentlicher Flächen denkbar; hierzu müssen die handelnden Personen der Behörde gegenüber ihre Identitäten offenlegen, denn auch eine „gute Sache“ geht mit der Übernahme von persönlicher Verantwortung einher.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Pötter
Oberbürgermeisterin
Leider wird in dieser vorgefertigten Antwort aus dem Bürgermeisterbüro weder auf unsere Nachfragen eingegangen, noch wird ein valider Grund genannt, warum die Wagen plötzlich weg müssen.
In wie fern der Tauschwagen am Dom, der Tauschwagen am Neumarkt oder der Tauschwagen am Grünen Jäger nun urplötzlich die Barrierefreiheit, Verkehrssicherheit oder Brandschutzmaßnahmen behindern ist uns ebenfalls schleierhaft.
Die Aussage in dieser Mail, dass die Stadt mit uns Lösungsansätze besprochen haben will ist hier besonders frech. Weder wurde uns auf Nachfrage ein Grund genannt, warum die Wagen weg müssen, entsprechend wurde auch die Frage, was passieren oder sich verändern muss, damit die Wagen vielleicht bleiben und den ominösen „Vorgaben im öffentlichen Raum“ entsprechen, nicht beantwortet. Es wurde auch keinerlei Unterstützung durch die Stadt angeboten.
Zu guter letzt ist es ein Hohn, dass hier der „Sündenbock“ auf uns geschoben und impliziert wird, wir würden unsere Identitäten nicht offenlegen – in wie fern das im Widerspruch zur Übernahme persönlicher Verantwortung steht, ist uns ebenfalls nicht bewusst – auf der anderen Seite wird das Angebot unsererseits, für ein persönliches Gespräch schlichtweg ignoriert.
An dieser Stelle düfen Sie uns gerne nochmal Ihre Definition von „Übernahme persönlicher Verantwortung“ mitteilen, liebe Frau Pötter.
In den letzten 1,5 Jahren war die „Offenlegung von Identitäten“ nie ein Problem. Die Stadt hat mehrere Kontaktmöglichkeiten, die auch in der Vergangenheit schon genutzt wurden und auf die ausnahmslos schnellstmöglich reagiert wurde. Das sollte die Stadt auch wissen, da wir auch schon mehrfach Lob für schnelle Reaktionen von Mitarbeitern der Stadt bekamen.
Nun zu den guten Nachrichten:
Ein herzliches Dankeschön, an alle lieben Menschen, die uns so zahlreich durch Tipps, durch Beschwerden bei der Stadt, durch liebe Kommentare und schlussendlich durch Angebote von Stellplätzen solidarisch zur Seite standen! Das hat uns die letzten Tage wirklich aufgebaut und motiviert, nicht aufzugeben.
Seit gestern erfreuen sich schon 2 der 3 Tauschwagen neuer Stadorte; Den Tauschwagen am Jäger findet ihr nun wenige Meter weiter beim Tiefenrausch, der Tauschwagen vom Neumarkt hat sein neues zu Hause in der Hasestraße beim Dirty Dancing bezogen.
Wir haben auch noch 2 weitere Plätze in der Innenstadt, an die zum einen der Tauschwagen vom Dom umzieht und zum anderen ein weiterer neuer Tauschwagen aufgestellt wird!